Vergessene Museen (IX): Das Josef-Limburg-Museum in Berlin-Steglitz (1957–1964)

Limburg Loreley
Aus dem Buch „Josef Limburg und seine Bildwerke“, Berlin 1914

„Etwas angestaubt und gebräunt“, heißt es im aktuellen ZVAB-Verkaufsangebot über vier Bildpostkarten von Werken des Bildhauers Josef Limburg (1874–1955) in einer Autographenhandlung. Die beiden Adjektive treffen nebenbei auch den Umstand, warum das Josef-Limburg-Museum von allen vergessenen Museen Berlins wohl das allervergessenste ist. In der Zeit des Bestehens des Museums – 1957 bis 1964 – dürfte auch das bildhauerische Werk von Josef Limburg „angestaubt“ erschienen sein, und als „gebräunt“ konnte man Limburg selbst ansehen, weil er sich in seinen späten Jahren mit den Nationalsozialisten eingelassen hatte. Beides wird dem Erfolg des ihm gewidmeten Museums in den späten 1950er- und frühen 1960er-Jahren nicht gut getan haben, und so wurde es nach nur 7 Jahren des Bestehens geschlossen und das Gebäude sogar abgerissen. Heutzutage dürfte es schwer sein, jemanden zu finden, der von einem Besuch in der Bahnhofstraße 6 in Berlin-Lichterfelde erzählen kann, wie er einst wahlweise an einem Mittwoch oder am ersten Sonntag im Monat zwischen 10 und 13 Uhr oder an einem Freitag zwischen 14 und 17 Uhr möglich war.

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Einige der auf der Postkarte zu sehenden Werke im Museumsraum lassen sich identifizieren, so ganz hinten links die Kreuzigungsgruppe für die katholische Kirche „Maria, Hilfe der Christen“ in Spandau (1910), vorne als zweite von links eine Büste des Papstes Pius X. (1904) und rechts vorne im Raum die 1907 bei der Berliner Kunstausstellung gezeigte „Loreley“. Hinten an der Wand ein Porträtgemälde des Künstlers.

Das Museum war nach seinem Tod in Limburgs 1923 erworbener Villa in Steglitz eingerichtet worden, sicherlich auch, um eine Antwort auf die stets komplexe Frage nach dem weiteren Schicksal eines künstlerischen Nachlasses zu geben. Vielleicht nach dem Vorbild des 1950 eröffneten Georg Kolbe-Museums versuchte man also auch hier, das Atelier zum Ort der Erinnerung an einen Bildhauer werden zu lassen, und zwar an einen Künstler, der sich vor dem Ersten Weltkrieg als Bildhauer der katholischen Diaspora in Berlin und als Schöpfer von Porträtbüsten von Päpsten, Kardinälen und Adligen etabliert hatte.

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Josef Limburg: Hitler und Mussolini, Bronzerelief, 1938

Später jedoch hatte Limburg auch mehrere Darstellungen Adolf Hitlers geschaffen (die vermutlich im Josef-Limburg-Museum nicht gezeigt wurden). Das Museum krankte vermutlich daran, dass der Künstler viel zu wenig bekannt war, viele der gezeigten Werke einem damals völlig aus der Mode gekommenen Naturalismus der späten Kaiserzeit verpflichtet waren und Bildhauerei im allgemeinen und katholisch-kirchliche Bildhauerei im atheistisch-protestantischen Berlin ohnehin kaum jemanden interessierte. Auch war das Gebäude weniger attraktiv als das wunderbare Haus Kolbes mit dem außerordentlich schönen Garten.

Öffnungszeiten im Jahr 1963: Mi 10–13 Uhr, Fr 14–17 Uhr, am 1. Sonntag des Monats 10–13 Uhr

Erweiterte Fassung eines Textes aus unserem Buch: Eine Geschichte der Berliner Museen in 227 Häusern, Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2014

© Katrin und Hans Georg Hiller von Gaertringen

Kleine Häuser (III): Torstr. 74, Berlin-Mitte

Ein besonderes kleines Haus in der verkehrsdurchfluteten Torstraße. Zwischen zwei Mietshäusern ist gelb gestrichener Klinker eingezwängt, mit viel Luft nach oben. Zwei Garagenrolltore, eine Tür und ein vergittertes Fenster sowie ein gerahmtes Fensterband im oberen Teil der Fassade.

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Ein kleines bisschen 20er-Jahre-Moderne wie es scheint, und das in einer Gründerzeitstraße, die in dieser Hinsicht sehr wenig zu bieten hat. Die Buchstaben „KOD“ rot auf gelb zwischen den Fenstern lasen sich einst komplett als „ŠKODA“, S und A sind überstrichen, das Logo drüber noch da.

Die Adresse „Torstraße 74“ bringt auf Google vorwiegend Einträge zum heutigen Nutzer, dem Modeladen „No74“, hervor. Auch ein paar zum „Adidas-Conceptstore“, der hier wohl um 2010 mal war. Zur Geschichte des kleinen Hauses: erst einmal nichts. Dann aber in einem offenbar seit Urzeiten nicht mehr aktualisierten Online-Branchenbuch auch ein Eintrag jener Autowerkstatt, die hier beheimatet war, bevor die Hipsterversorger einzogen: „Detlef Horstmann, Kfz-Werkstatt, Neuwagenhändler“.

Auf der Basis des Namens Horstmann kann man sich dann doch so einiges über das kleine Haus erschließen. 1940 steht die Familie hier erstmals im Branchenbuch:

Branchentelefonbuch 1941 S 398

Die Straße heißt damals noch Lothringer Straße. Schließlich wurde sie bebaut kurz nachdem sich das Deutsche Reich Straßburg und Metz im Deutsch-Französischen Krieg 1871 zurückgeholt hatte. Die Anzeige aus dem Eröffnungsjahr 1940 ist groß, die Automarke ungewöhnlich – Autos aus Frankreich, dem Land, das die Deutschen in genau jenem Frühjahr wieder besiegen.

„Citroen Spezial-Reparatur-Werkstatt Bruno Horstmann“ hat Telefonanschluss.

Wie es aussieht ist das Haus doch nicht aus der Bauhauszeit, sondern erst etwa 1938/39 für die Autowerkstatt gebaut worden. Drittes Reich-Moderne. Für technische Bauten war der Bauhaus-Stil auch unter Hitler erlaubt. Wie ein Artikel der Berliner Zeitung aus dem Jahr 1994 berichtet, hatte das Grundstück vorher lange dem „jüdischen Lumpenhändler [sic] Leo Last“ gehört. In den älteren Adressbüchern firmiert es nicht als eigene Adresse, sondern wird dem rückwärtigen Grundstück Linienstraße 51 zugeordnet, wo bis heute ein Mietshaus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts steht. Leo Last soll, wie die Berliner Zeitung von 1994 schreibt, 1936 vor den Nazis nach England geflohen sein. Nach einer Zeit der NS-Zwangsverwaltung sei das Torstraßen-Grundstück an der Torstraße 1940 an den „Kaufmann Friedrich Adolf Mehlitz“ übergegangen (Kaufpreis 6.385 Reichsmark).

Was passierte nach 1945? Herr Horstmann blieb, und er blieb Citroen treu. Und das obwohl das kleine Haus jetzt in der Wilhelm-Pieck-Straße stand. 1956 stand im Ost-Berliner Branchenbuch die kleiner gewordene Anzeige:

Branchen-Fernsprechbuch Groß Berlin 1956 S 26

Wieder zehn Jahre später, 1966, war aus Citroen dann Škoda geworden, Autos aus dem sozialistischen Bruderland Tschechoslowakei. Und die Anzeige war weiter geschrumpft:

Branchen-Fernsprechbuch für die Hauptstadt der DDR 1966 S 13

Und im Ost-Berliner Branchenbuch von 1988 erfuhr man in ausgezehrter Typo, dass mittlerweile der Sohn übernommen hatte. Und dass nur bestimmte Modelle von Škoda repariert wurden:

Branchen-Fernsprechbuch für die Hauptstadt der DDR 1988 S 27

Der Niedergang der DDR im Allgemeinen und ihrer Autobranche im Besonderen unschwer abzulesen.

Nach 1990 meldeten sich laut Berliner Zeitung die Erben von Leo Last, die in Israel lebten, und der Erbe von Kaufmann Mehlitz aus West-Berlin. Beide erhoben Anspruch auf Eigentum und Mietzahlungen. Wie das wohl ausging?

Die Firma Horstmann hielt scheinbar noch bis weit in die 2000er-Jahre hier aus. Heute jedoch sitzen sie in Weißensee und das Rolltor wird jetzt wohl später am Tag hochgerollt als früher.

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Kein Bild von Mimmo Rotella

© Katrin + Hans Georg Hiller von Gaertringen

Vergessene Museen (IV): Das NS-Revolutionsmuseum in Berlin

Postkarte NS-Revolutionsmuseum

Wechselnde Standorte in Berlin-Mitte. Öffnungszeiten 1936: Täglich 10–22 / 1933 Eröffnung in der Jüdenstr. 33 / 1934 Umzug in die Neue Friedrichstr. 83 / um 1936 ansässig in der Taubenstr. 7 / Mai 1938 Umzug an die Neue Promenade 2 / um 1943 kriegsbedingte Schließung

Im März 1933 verwüstete die Berliner „SA-Standarte 6“ das pazifistische Anti-Kriegs-Museum. Kurze Zeit später gründete sie selbst ein kleines, agitatorisch geprägtes Museum. Es war eine der wenigen Museumsgründungen der NS-Zeit, in der man statt auf neue Museen eher auf temporäre Propagandausstellungen wie die „Entartete Kunst“ setzte. Mit dem Namen wurde auf die nach der Oktoberrevolution gegründeten „Revolutionsmuseen“ in der Sowjetunion angespielt, denen die SA-Männer ein eigenes Museum der „nationalen Revolution“ entgegenstellten. Jedoch war der Titel doppeldeutig: Hier wurde zugleich die von der NS-Bewegung vermeintlich vereitelte kommunistische Revolution musealisiert.

Spätestens im Juli 1934, als Hitler die SA beim „Röhm-Putsch“ gewaltsam entmachtete, war die Idee einer nationalen Revolution jedoch hinfällig. Nun entwickelte sich das Museum zum bloßen Traditionskabinett der Berliner SA, wo man sich, nicht ohne Wehmut, an die bürgerkriegsähnlichen Kämpfe der frühen dreißiger Jahre erinnerte. Sowohl die gewaltsame Aneignung der kommunistischen Ausstellungsstücke als auch der diffamierende Duktus der Inschriften verliehen der Ausstellung den Charakter eines Anti-Museums, das nicht nur den politischen Gegner, sondern auch die bürgerlichen Bildungsideale verhöhnte.

Ausgestellt waren einerseits eigene Memorabilien, andererseits Beutestücke aus dem Kampf mit dem politischen Gegner: Fotos, Dokumente, Uniformen, Abzeichen, Banner, Orden und Waffen. Eine prominente Siegestrophäe war der rote Stern von Mies van der Rohes 1926 errichtetem Revolutionsdenkmal auf dem Sozialistenfriedhof Friedrichsfelde. Aus dem „Institut für Sexualwissenschaft“ von Magnus Hirschfeld präsentierte man dessen im Mai 1933 erbeutete Büste. Auch die Freimaurer und – gemäß dem sozialrevolutionären Gedankengut der SA – die Monarchie wurden nicht ausgespart. Ein in diesem Sinne gezeigtes Foto Kaiser Wilhelms I. mit Freimaurerschürze missfiel allerdings dem konservativen Reichswehrministerium, so dass es wieder entfernt werden musste. Als besondere Machtdemonstration wurde dem Besucher die Aneignung privater Gegenstände vorgeführt, etwa die Ohrringe der vormaligen kommunistischen Reichstagspräsidentin Clara Zetkin oder die Brille des jüdischen Berliner Polizeipräsidenten der Weimarer Zeit, Bernhard Weiß. Sowohl mehrere Ortswechsel als auch die geringen Besucherzahlen (1937: 18.000 Besucher) lassen nicht auf eine sonderlich starke Unterstützung durch die NS-Machthaber schließen. Das Schicksal der Bestände in Krieg und Nachkriegszeit ist unbekannt.

Aus unserem Buch „Eine Geschichte der Berliner Museen in 227 Häusern“, Berlin/München: Deutscher Kunstverlag, 2014

Ausführlicher in unserem Aufsatz: NS-Revolutionsmuseum statt Anti-Kriegs-Museum? Zur Entwicklung der Berliner Museumslandschaft in der NS-Zeit, in: Tanja Baensch, Kristina Kratz-Kessemeier, Dorothee Wimmer (Hg.): Museen im Nationalsozialismus. Akteure – Orte – Politik, Köln: Böhlau Verlag, S. 99–112

© Katrin und Hans Georg Hiller von Gaertringen

Nachtrag vom 28. Januar 2018

In der 2013 freigeschalteten Datenbank „Pressechronik 1933“ haben wir erst jetzt einen uns bislang unbekannten Artikel von damals zum NS-Revolutionsmuseum entdeckt. Hier in voller Länge wiedergegeben:

Das Revolutions-Museum der SA-Standarte 6

Im Zentrum der Stadt, unweit der Parochialkirche mit dem berühmten Glockenspiel, in der Jüdenstraße, gegenüber dem Stadthaus, hat die SA-Standarte 6 der Gruppe Berlin-Brandenburg sich eine Stätte geschaffen, in der Reliquien, die sich im Laufe der Zeit bei der Standarte angesammelt haben, ausgestellt sind. Schon von weitem leuchtet ein weißes Transpart mit der Aufschrift „Nationalsozialistisches Revolutionsmuseum“. Es ist ein langer, schmaler Laden einer ehemaligen Schokoladenhandlung. Hier hat man unter der rührigen Leitung des Standartenführers Markus das Erinnerungsmaterial zusammengetragen. Gleich am Eingang befindet sich das blumengeschmückte Bild des obersten SA-Führers Adolf Hitler; ihm gegenüber sind die heiligsten Reliquien der Standarte aufgestellt, Dokumente des Sturmführers Horst Wessel und die erste Sturmfahne Berlins, die sich im Besitz des Oberführers Richard Fiedler befindet und die er der Ausstellung zur Verfügung gestellt hat. Weiter sieht man Waffen aller Art wie großkalibrige Revolver, Pistolen, Maschinenpistolen, Säbel, Schlag- und Hiebwaffen aller Art, Sprengbomben, die früher der Kommunismus im Kampf gegen die Nationalsozialisten gebraucht hat. Dann Trophäen von SA-Männern, die sie dem Reichsbanner abgenommen haben, Armbinden und Abzeichen verschiedenster Art. Auf einem besonderen Tisch liegen die verschiedensten Flugblätter und Hetzzeitschriften der ehemaligen marxistischen Parteien. Als besonders wertvolles Stück sieht man die erste kommunistische Fahne Berlins, eine reinseidene Fahne mit goldener Handmalerei, die sich noch bis vor kurzem im Besitz des ehemaligen kommunistischen Schriftstellers Ernst Friedrich befand. Von dem ehemaligen Vize-Polizeipräsidenten Weiß ist u. a. die Brille ausgestellt, die er anscheinend bei seiner Flucht auf seinem Schreibtisch hat liegen lassen. Die Ausstellung wird durch Beiträge aus allen Gauen Deutschlands ständig erweitert.

Aus der Berliner Morgenpost vom 27. Juli 1933

 

Vergessene Museen (I): Das Hohenzollernmuseum in Berlin (1877–1945)

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Als Berlins erstes Geschichtsmuseum war das Hohenzollernmuseum weit mehr als eine Memorabiliensammlung der prominentesten Familie Preußens. Von der preußischen Gründungsphase über die Eröffnung im Kaiserreich 1877, die Neuausrichtung in Weimarer Republik und NS-Zeit, die Abwicklung in der DDR bis zur versuchten Wiederbelebung in der Gegenwart spiegelt die Historie des Museums die wechselnden Geschichtsbilder des 19. und 20. Jahrhunderts.

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Das in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gebaute und mehrfach erweiterte Lustschloss Monbijou im gleichnamigen Park an der Oranienburger Straße stand seit dem Auszug der Ägyptischen und Vor- und Frühgeschichtlichen Sammlungen in das Neue Museum 1852 leer. Auf die persönliche Initiative des Hofbibliothekars Robert Dohme wurde hier 1868 eine Ausstellung mit „historisch-merkwürdigen Gegenständen“ aus den königlichen Schlössern präsentiert. Entscheidende Schritte zur Einrichtung eines dynastisch-kulturhistorischen Museums konnte Dohme jedoch erst bei der Auflösung der Kunstkammer im Jahr 1875 unternehmen, als deren gesamte „historische Abteilung“ ins Schloss Monbijou gebracht wurde. In einer eigentümlichen Verbindung von Schloss und Museum suggerierte das Haus dem Besucher Authentizität. In Wirklichkeit gestalteten Dohme und sein ab 1897 amtierender Nachfolger Paul Seidel die historischen Räume des 18. Jahrhunderts so um, dass der Stil eine historische Erzählung beglaubigte. Hierfür ließen sie beispielsweise einen Ofen aus Schloss Rheinsberg einbauen oder Epochenräume in der Manier des 16. Jahrhunderts einrichten. Dadurch ergab sich eine von der Gegenwart bis in das 16. Jahrhundert zurückreichende Darstellung des höfischen Lebens, die räumlich einzelnen Familienmitgliedern der Hohenzollern zugeordnet war. Um zu betonen, dass die Monarchie die nach wie vor gültige Regierungsform war, begann die Ausstellung mit den Räumen über den aktuellen Kaiser, Wilhelm I., später über seinen Nachfolger, Wilhelm II. Die weiteren Räume folgten der umgekehrten Chronologie und legitimierten so das genealogische Prinzip: Der gegenwärtige Monarch als Glied einer langen Kette, die bei den Kurfürsten des 16. Jahrhunderts begann.

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Die einzelnen Räume zeigten persönliche Gegenstände wie Kleidung, Schmuck, Orden oder Waffen. Hinzu kamen Möbel aus den jeweiligen Wohnräumen, Porzellan oder Schriftstücke. Entscheidendes Kriterium bei der Auswahl war stets die Verbindung zur jeweiligen Persönlichkeit, selbst Gebrauchsgegenstände wie der Kamm der Königin Luise waren deshalb als Erinnerungsstücke ausstellungswürdig. Die Verbindung von Objekt und einstigem Besitzer wertete beide gleichermaßen auf: Die Aura des Herrschers strahlte auf die Gegenstände wie die Aura der Gegenstände auf den Herrscher. Besonderer Wert wurde auf die bildliche Vergegenwärtigung der Hohenzollern gelegt, sei es in Form von Porträts, Wachspuppen oder Totenmasken. Auch wenn das Museum offensichtlich der Verherrlichung des regierenden Hauses diente, war die Sammlung zugleich voll von gesellschaftsgeschichtlichen Zeugnissen ersten Ranges. Das Museum erwies sich von Beginn an als Publikumsmagnet und gehörte zum festen touristischen Programm beim Besuch der Reichshauptstadt – auch für ausländische Besucher.

Als der Kaiser 1918 abdankte, wurde das Museum für neun Jahre geschlossen. In dem bis 1926 laufenden Eigentumsstreit mit dem preußischen Staat behielt das Haus Hohenzollern schließlich seinen Einfluss im Schloss Monbijou. Die Weimarer Republik durfte die als Privatbesitz deklarierten Exponate weiterhin nur im Rahmen des Hohenzollernmuseums zeigen. Infolgedessen konnte in der 1927 neu eröffneten Ausstellung keine kritische Auseinandersetzung mit dem ehemaligen Herrscherhaus stattfinden. Immerhin bestand der neue Direktor Arnold Hildebrand auf einer sachlicheren Darstellung. Dazu reduzierte er die Sammlung auf „künstlerisch und historisch wichtiges Gut“ und musterte „Belanglosigkeiten oder Sentimentalitäten“ aus. Der Fokus verschob sich von der Huldigung an das Herrscherhaus zur Präsentation des Kunstbesitzes und der kunstgewerblichen Arbeiten.

1935 wollte das Preußische Kultusministerium die Sammlungen in ein neues „Preußen-Museum“ integrieren. Statt der einseitigen Beschränkung auf die höfische Welt sollte diese in eine umfassendere, das Bürgertum einschließende, preußische Kulturgeschichte eingeordnet werden. Hitler lehnte den Plan ab, gemäß seiner Vorstellung von der „Volksgemeinschaft“ als alleinigem Kulturträger plante er auf dem Gelände des Monbijouparks kein preußisches, sondern ein „Germanisches Museum“. Das Hohenzollernmuseum sollte mitsamt seinem Gebäude in den Park Charlottenburg umgesetzt werden, was einer Verbannung aus dem Museumszentrum und symbolischen Abwertung gleichgekommen wäre. Dieser Plan wurde aufgrund des 2. Weltkriegs nicht verwirklicht.

Die DDR hatte aufgrund ihres monarchiefeindlichen Gesellschaftsbildes, das die Arbeiterklasse ins Zentrum stellte, kein Interesse daran, das im Krieg schwer beschädigte Gebäude wiederaufzubauen und die auf verschiedene Auslagerungsorte verteilte Sammlung zurückzubringen. Soweit die Bestände den Krieg überstanden hatten, wurden sie nach historischen und künstlerischen Objekten unterteilt: Erstere erhielt das 1953 eröffnete Museum für Deutsche Geschichte, letztere das Kunstgewerbemuseum in Köpenick und die Schlösserverwaltung. Die Sammlungsstücke, die 1945 von den Westalliierten sichergestellt wurden, gelangten auf die familieneigene Burg Hohenzollern in Württemberg. Die Ruine von Schloss Monbijou wurde 1958 abgerissen.

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Um 2004 plante die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Museen, dem Deutschen Historischen Museum und, als wichtigstem Leihgeber, der Familie Hohenzollern eine Wiederbelebung des Museums im Schloss Charlottenburg. Der gegenwärtige Planungsstand bezüglich dieses Projekts war nicht in Erfahrung zu bringen. Ob eine unideologische Betrachtung der Hohenzollern gelingen kann, wenn die Leihgaben ausschließlich von der Familie bereit gestellt werden, deren Geschichte dargestellt wird, ist fraglich.

© Katrin + Hans Georg Hiller von Gaertringen